Über Lamas & Alpakas

 

 

Wissenswertes über die Haltung von Neuweltkameliden (NWK)

 

Alpakas und Lamas sind eine faszinierende Tierart mit nur einem einzigen gravierenden Nachteil: Wer ihnen zu lange in ihre großen, dunklen Augen schaut, der wird automatisch infiziert vom "Haben-Wollen"-Virus!

Doch bevor man nun Hals über Kopf das nächst beste Tier anschafft, sollte man wissen, was ein Alpaka oder Lama braucht, um eine artgerechte Lebensweise und ein harmonisches Zusammenleben zwischen Tierhalter und Haustier zu ermöglichen.

Da es sich bei Lamas und Alpakas um Herdentiere handelt, sollten außerdem immer mindestens zwei Tiere gehalten werden.

 

Die Weide

Eine Weide ist nicht nur zur Futteraufnahme nötig, Alpakas und Lamas benötigen auch einen großen Auslauf, um sich zu bewegen. Die Fläche, die beweidet werden kann, sollte daher mindestens 1000 m² für 2 Tiere betragen. Größere Weiden sind besser, da durch Kot- und Wälzplätze der Futteranteil der Weidebereiche verkleinert wird. Es ist außerdem darauf zu achten, dass sich keine Giftpflanzen auf der Weide befinden.

Feuchte Weiden sind ungünstig, da dort eventuell die Verbreitung und Aufnahme von Leberegeln möglich ist. Bäume, die als Schattenspender im Sommer geeignet sind, sollten großräumig umzäunt werden, da Neuweltkameliden gerne daran knabbern. Einige Baumarten sind giftig (z.B. Eiben), bei anderen (z.B. Obstbäume, Eichen) kann das Fressen ihrer Früchte zu Erkrankungen führen.

Neuweltkameliden haben eine zweigeteilte, getrennt bewegliche Oberlippe, die es ihnen ermöglicht, Gräser zu fassen und sehr vorsichtig abzubeißen, ohne dabei die Wurzeln zu schädigen. Dadurch schonen sie die Grasnarbe ebenso, wie durch eine weitere Besonderheit: Sie haben keine Hufe oder Klauen, sondern laufen als Schwielensohler (Tylopoda) auf weichen gepolsterten Schwielen. An den beiden Zehenendgliedern befinden sich Nägel, welche die Zehen von oben schützen. Durch diese leichten federnden Polster eignen sich Neuweltkameliden zur Beweidung empfindlicher oder mit Maschinen schlecht zu bewirtschaftenden Flächen (z. B. Hanglagen).

 

Die Einzäunung

Da bekannter Maßen das Gras auf der Nachbarweide immer besser schmeckt, als das auf der eigenen, sollte die Zaunhöhe für Alpakas mindestens 1,40 m und für Lamas mindestens 1,60 m betragen.

Als Zaun eignet sich ein Drahtknotengeflecht (Wildzaun) oder Holzzäune mit mehreren Querlatten. Elektrozäune mit mehreren Bändern können ebenfalls verwendet werden, allerdings sind Neuweltkameliden durch ihre dichte Wolle gut gegen Strom isoliert und könnten somit solche Einzäunungen ignorieren.

Ohne triftigen Grund (z.B. wenn ein Hengst zu seiner "Angebeteten" möchte) überspringen Neuweltkameliden einen Zaun nicht, allerdings können sie unter ihm hindurch kriechen. Es empfiehlt sich daher, den Wildzaun nahe am Boden verlaufen zu lassen. Bei den Stromlitzen sollte der Abstand zwischen den einzelnen Bändern/Drähten 20 cm betragen, um auch Fohlen vom Durchsteigen abzuhalten.

Bei der Einzäunung einer Weide ist ferner darauf zu achten, dass keine spitzen Winkel entstehen; würde ein Tier bei Rangkämpfen in eine solche Ecke gedrängt, hätte es sonst keine Fluchtmöglichkeit mehr.

 

Der Stall

Auf der Weide müssen die Tiere einen Platz haben, um sich bei Regen oder Schnee unterstellen zu können, oder um im Sommer bei starker Hitze kühlenden Schatten zu finden. Der Stall sollte vor Wind und Nässe schützen, nicht feucht sein und zur wetterabgewandten Seite einen Ausgang aufweisen. Die Grundfläche muss mindestens 2-3 m² Liegeplatz pro Tier betragen. Der Bodenbelag kann aus Gummimatten oder Beton mit Stroh- oder Heueinstreu bestehen.

Neuweltkameliden mögen keinen zu engen Körperkontakt und brauchen daher beim Liegen Platz um sich herum. Der Stalluntergrund muss eben und trocken sein.

Die alleinige Heufütterung im Stall schützt nicht nur das Heu vor Witterungseinflüssen, sondern dient auch dazu, die Tiere dazu zu veranlassen, sich für eine gewisse Zeit im trockenen Bereich aufzuhalten. Bei schlechter Witterung wird so eine zu lange Einwirkung von Feuchtigkeit auf die Wolle (Faser) und besonders auf die Zehen vermieden.

Die Fläche, die für Heu benötigt wird, ist zur Grundfläche hinzu zu rechnen, ebenso der Platz für Tränken (Eimer oder Schwimmertränken, keine Druckventile). Je nach der Größe der Herden müssen mehrere Futter- und Tränkeplätze vorhanden sein, um auch rangniedrigen Tieren den stresslosen Zugang zum Futter zu ermöglichen. Da einige Tiere einen Kotplatz im Stall anlegen, muss auch dafür genug Fläche vorhanden sein.

Der Boden muss sauber gehalten werden und der Stall sollte gut zu belüften, jedoch zugfrei sein. Außerdem sollte er hell sein, wenn auch geringfügig dunkler als die Umgebung. Dies trägt - ebenso wie am Eingang befestigte bewegliche Plastikbahnen - dazu bei, lästige Fliegen abzuhalten.

 

Der Paddock

Ein eingezäunter Vorplatz vor dem Stall ist empfehlenswert. Dieser sollte einen festen, rutschfesten Untergrund aufweisen. Auf dem Paddock können sich die Tiere ein wenig die Füße vertreten, wenn sie einmal nicht auf die Weide können. Außerdem eignet sich der Vorplatz dafür, gezielt mit den Tieren zu arbeiten oder Pflegemaßnahmen durchzuführen.

Der Platz sollte hell sein und möglichst einen Stromanschluss in der Nähe aufweisen, um den Paddock z.B. für die Schur gut beleuchten zu können.

 

Die Fütterung

Alpakas und Lamas fressen Heu und Gras. Da Neuweltkameliden wiederkäuen, benötigen sie gutes, strukturreiches Futter. Heu muss deshalb das ganze Jahr über angeboten werden.

Alpakas und Lamas knabbern sehr gerne an Baumästen; hierbei sollte jedoch große Sorgfalt auf die Auswahl der Äste gelegt werden, da einige Baumarten giftig für Tiere sind (z.B. Eibe). Außerdem haben Neuweltkameliden einen erhöhten Bedarf an Mineralstoffen, der mit geeigneten Lecksteinen und der Gabe von Mineralstoffmischungen gedeckt werden muss. Kraftfutter gibt man in der Regel nur kranken, ausgezehrten oder alten Tieren, sowie säugenden Stuten. Hierfür gibt es im Fachhandel bereits entsprechende Futtermischungen für Kameliden.

Der erhöhte Energiebedarf bei Trekking-Tieren kann ebenfalls durch eine geringe Zugabe von Kraftfutter gedeckt werden. Allerdings müssen auch Trekkingtiere immer genügend Zeit zum Grasen oder zur Heuaufnahme haben.

Obst und Gemüse sind wegen ihrer leichten Verdaulichkeit als Futtermittel ungeeignet. Sie können in größeren Mengen eine Übersäuerung des Magens verursachen.

 

Die Pflege

Zur Pflege der Tiere gehört mindestens einmal täglich ein Kontrollgang, bei dem man nachschaut, ob die Tiere gut gefressen haben und ob irgendein Tier teilnahmslos wirkt oder sonstige Auffälligkeiten zeigt. Man sollte nach den Kotstellen schauen, um zu erkennen, ob ein Tier evtl. Verdauungsprobleme hat und anschließend den Stall reinigen. Ist mit den Tieren alles in Ordnung, werden noch die Tränken auf Funktion und Sauberkeit überprüft und die Heugaben ergänzt.

Die Kotplätze der Tiere müssen regelmäßig gereinigt werden, um die Reinfektion mit Magen-Darmparasiten zu reduzieren. Regelmäßige Kotuntersuchungen helfen, den Parasitenbefall der Tiere zu beurteilen, und die geeigneten Entwurmungsmittel einzusetzen.

Bei der Weidehaltung laufen die Tiere auf weichem Boden, weshalb sich die Nägel nicht genügend abnutzen. Deshalb müssen diese bei Bedarf z.B. mit einer Rosenschere geschnitten werden.

Die Schur der Tiere dient nicht nur der Gewinnung des weichen Vlieses, sondern ist notwendig für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit. Alpakas und stark bewollte Lamas müssen einmal jährlich geschoren werden, mittelbewollte Lamas oder ältere Tiere, deren Haarkleid langsamer wächst, nur alle zwei Jahre.

Lediglich bei leicht bewollten Lamas ist ein regelmäßiges Ausbürsten der losen Haare ausreichend. Wird das Bürsten jedoch vernachlässigt, kann es zu Verfilzungen kommen, die eine Schur nötig machen.

Die Schur und das Kürzen der Nägel sind bedeutend einfacher, wenn die Tiere an den Umgang mit dem Menschen gewöhnt sind. Daher sollten die Tiere so trainiert werden, dass sie sich problemlos ein Halfter anlegen lassen und am Strick geführt werden können. Auch das "Füße-Heben" sollte möglichst gut geübt werden.

Dieses Training erleichtert außerdem evtl. nötige tierärztliche Versorgungen bei Unfällen, Impfungen (gegen Clostridien) und Entwurmungen.

Zur Identifizierung sollten Lamas und Alpakas mit einem Mikrochip auf der linken Halsseite versehen werden, notfalls sind auch Ohrmarken geeignet.

 

Der Umgang

Beim Umgang mit den Tieren ist ihr natürliches Verhalten zu berücksichtigen. So werden sich ausgewachsene rivalisierende Hengste gegenseitig vertreiben und müssen daher getrennt gehalten werden.

Von einer Hengsthaltung gemeinsam mit Stuten ist abzuraten, da es zu Inzuchtproblemen kommen kann, Hengstfohlen vom erwachsenen Hengst vertrieben werden, und keine genauen Decktermine bei den Stuten ermittelt werden können.

Junge Hengste können mit Wallachen gemeinsam in einer Herde leben.

Ausgewachsene Deckhengste vertragen sich im Allgemeinen nicht mit anderen Hengsten oder Wallachen, sie sollten daher einzeln abgezäunt neben anderen Hengsten oder Stuten gehalten werden. Durch die Hengstzähne bei erwachsenen Tieren besteht außerdem eine erhöhte Verletzungsgefahr bei Rangkämpfen.

Stuten können problemlos gemeinsam mit Jungtieren unter sechs Monaten gehalten werden.

Wallache sind in der Regel umgänglich und vertragen sich gut in Gesellschaft. Für den Einsatz als Trekkingtier oder für Sportveranstaltungen, als auch für Aktivitäten in der tiergestützten Therapie, sind gut ausgebildete Wallache oder nicht trächtige Stuten zu bevorzugen.

Neuweltkameliden sind sehr ruhige, saubere und zurückhaltende Tiere. Ein Lama oder Alpaka, das aufdringlich wird, ist in seiner Jugend falsch aufgezogen worden und fehlgeprägt (Berserker). Solch ein Tier sieht im Menschen einen Artgenossen.

Eine fehlgeprägte Stute versucht daher mit der betreffenden Person eine Rangordnung auszufechten, ein fehlgeprägter Hengst versucht denjenigen entweder zu verjagen oder zu decken. Tiere, die sich neugierig bis auf eine Armeslänge dem Menschen nähern und ihm ansonsten den Weg nicht versperren, verhalten sich normal. Alpakas und Lamas sind keine Schmusetiere!

 

Und ja, sie spucken. Allerdings wird der Mensch nur dann davon getroffen, wenn das Tier fehlgeprägt ist, oder wenn sich die Person gerade zwischen zwei Tieren befindet, die just eine Auseinandersetzung haben.

 

Wollen Sie mehr über Lamas und Alpakas erfahren? Dann schauen Sie bitte auf die AELAS Website unter www.aelas.org und besuchen Sie die angebotenen Informationsveranstaltungen und Kurse.

Dr. Ilona Gunsser,
MA Martina Wiede